«Der Mehraufwand ist sehr gering»

Larissa Frey hat ihre Diplomarbeit zum Thema «Teilzeitarbeit in der Malerbranche» geschrieben. Die Unternehmerin aus Luzern über Vorurteile, Vorteile und Chancen von Teilzeitarbeit für die Branche.

Veröffentlicht am: 28. Mai 2021

Für ihre Diplomarbeit, die sie 2019 einreichte, hatte Malermeisterin Larissa Frey das Thema «Teilzeitarbeit in der Malerbranche» gewählt. Sie recherchierte, interviewte Teilzeitangestellte, Unternehmer, Unternehmerinnen und Kunden, befragte die Mitarbeitenden und prüfte, welche Teilzeitmodelle sich für ihr Unternehmen eignen würden. Und sie berechnete den Mehraufwand für eine Jobsharing-Stelle, indem sie alle zusätzlichen Ausgaben und Arbeiten auflistete. «Ich war selbst vom Ergebnis überrascht», sagt die Betriebsleiterin und Mitinhaberin der Maler Stutz AG. «Denn alle behaupten, der Mehraufwand für Teilzeitstellen sei so gross.» Aber im Detail aufgelistet stellte sich das Gegenteil heraus: «Es kostet nicht besonders viel.»

Die Maler Stutz AG ermöglicht Teilzeitarbeit in erster Linie den Mitarbeitenden, welche ihr Pensum reduzieren wollen. «Bei uns sind viele gute Fachkräfte angestellt, die wir gerne behalten würden», sagt Larissa Frey, die schon seit ihrer Lehre im Unternehmen arbeitet. Einige dieser Fachkräfte sind Frauen, die in den nächsten Jahren vielleicht eine Familie gründen möchten. Es ist der Unternehmerin wichtig, dass Frauen Kinder haben und trotzdem weiterarbeiten können. «Frauen, auch solche in Kaderpositionen, sollten sich nicht für Familie oder Beruf entscheiden müssen, sondern beides haben können», findet die 28-jährige, die sich vorstellen kann, bei einer Familiengründung selbst das Pensum zu reduzieren.

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«Ich war selbst vom Ergebnis überrascht, denn alle behaupten, der Mehraufwand für Teilzeitstellen sei so gross. Aber im Detail aufgelistet stellte sich heraus, dass es nicht besonders viel kostet.»

Larissa Frey, Unternehmerin

Mit Teilzeitstellen bleibe ein Unternehmen attraktiv. «Es zeigt, dass es die Bedürfnisse unserer Zeit ernst nimmt und sich am gesellschaftlichen Wandel beteiligt», erklärt Larissa Frey. Auch Männer wollten beispielsweise vermehrt eine aktive Vaterrolle übernehmen. So hätten sie vor ein paar Monaten einen Maler eingestellt, der 90% arbeitet, damit er am Freitagnachmittag jeweils seine Tochter betreuen kann. Ebenfalls Teilzeit arbeiten momentan: eine Malerin 40%, die gerade Mutter geworden ist, eine Malerin 80% in Weiterbildung sowie zwei ältere Maler im Rahmen des Vorruhestandmodells (VRM). Und zwei Pensionierte, die bei Bedarf aushelfen.

Nebst der Attraktivität für das Unternehmen sieht Larissa Frey auch die Motivation der Mitarbeitenden als grossen Vorteil der Teilzeitarbeit. Und, vielleicht der grösste Gewinn, dass Teilzeitmitarbeitende als «Joker» eingesetzt werden können: Viele kleinere Aufträge könne sie an den Tagen einplanen, an denen die Malerin mit dem 40%-Pensum arbeite, was eine Entlastung bedeute. Und die Nachteile? Die Planung und das richtige Einteilen seien etwas schwieriger, meint die Unternehmerin dazu. «Aber das gehört zum Alltagsgeschäft.»

«Mit Teilzeitstellen bleibt ein Unternehmen attraktiv und zeigt, dass es die Bedürfnisse unserer Zeit ernst nimmt und sich am gesellschaftlichen Wandel beteiligt.»
— Larissa Frey, Unternehmerin

Bevor jemand eine Teilzeitstelle antritt, empfiehlt sie im Rahmen eines Gesprächs den persönlichen Austausch, um die gegenseitigen Erwartungen bereits vorab zu klären. Zum Beispiel bezogen auf die Flexibilität. Regelmässige Termine wie die fixe Abholzeit von Kindern aus der jeweiligen Betreuung müssten stets gewährleistet sein, sagt die Unternehmerin.

In Zukunft werde sich Teilzeitarbeit auch im Malergewerbe etablieren, so Larissa Frey. Vor allem, wenn die jüngere Generation nachkomme. «Früher war man gegenüber Frauen in Handwerksberufen auch eher skeptisch eingestellt», sagt die Unternehmerin. Das habe sich erfreulicherweise verändert. «Heute sind es geschätzte Fachkräfte. Ich hoffe sehr, dass die Vorurteile bezüglich Teilzeitarbeit bald ebenfalls der Vergangenheit angehören werden.»

«Früher war man gegenüber Frauen in Handwerksberufen eher skeptisch eingestellt. Das hat sich erfreulicherweise verändert, heute sind es geschätzte Fachkräfte. Ich hoffe sehr, dass die Vorurteile bezüglich Teilzeitarbeit bald ebenfalls der Vergangenheit angehören werden.»
— Larissa Frey, Unternehmerin

Denn Teilzeitarbeit sei eine Chance für die Branche, findet Larissa Frey. Sie denkt dabei auch an die Nachwuchsförderung. Die Jugendlichen selbst interessierten sich vielleicht noch nicht für das Thema. Aber die Eltern beeinflussten die Kinder bei der Berufswahl. «Wenn bekannt ist, dass Teilzeitarbeit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich ist, dann erhöht das die Attraktivität der Branche», so die Unternehmerin, die an ihrer Arbeit den vielfältigen Kundenkontakt und die Freude an den sichtbaren Veränderungen schätzt.

 
Finden Teilzeitarbeit ein wichtiges Anliegen: Unternehmerin Larissa Frey und Malerin Ramona Vögeli.

Finden Teilzeitarbeit ein wichtiges Anliegen: Unternehmerin Larissa Frey und Malerin Ramona Vögeli.

 

Teilzeitförder-Unternehmen

Die Maler Stutz AG aus Luzern beteiligt sich an den Teilzeitförderprojekten.

▶ Webseite von Maler Stutz AG